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Dänische KulTour zwischen Esbjerg und Holstebro

„Mennesket ved Havet“ von Svend Wiig Hansen am Strand von Esbjerg. Text und Fotos Heidi Schmitt ©
„Mennesket ved Havet“ von Svend Wiig Hansen am Strand von Esbjerg. Text und Fotos Heidi Schmitt ©

Die meisten Dänemark-Urlauber zieht es an die wunderschönen Strände. Was aber viele nicht auf dem Schirm haben: Unser Nachbarland im Norden bietet auch Kultur wie Sand am Meer. In dieser #heiways-Folge möchte ich Euch deshalb auf eine KulTour zwischen Esbjerg und Herning einladen. Der moderne Hafenort Esbjerg am nördlichen Ende des Nationalparks Wattenmeer bietet spannende Kontraste: hochhausgroße Frachtschiffe und historische Dreimaster, Backsteingotik und Utzon-Architektur, Trödelmarkt und Shoppingmall, Schwanensee und Fischauktion. Im Musikhuset Esbjerg, das von dem durch die Sydney-Opera weltberühmten Architekten Jørn Utzon entworfen wurde, könnt Ihr Euch auf dänische Kultur einstimmen lassen (aus aktuellem Anlass finden Veranstaltungen voraussichtlich erst ab Spätsommer statt). Gleich nebenan liegt das Esbjerg Kunstmuseum mit einer der bedeutendsten dänischen Sammlungen moderner Kunst mit Malerei, Grafik und Skulptur von ca. 1920 bis heute. Man kann hier Kunst nicht nur sehen, sondern damit experimentieren oder sie auch mal erschnuppern. Das künstlerische Wahrzeichen Esbjergs steht am Strand nördlich der Stadt. Die Riesenskulptur „Mennesket ved Havet“ von Svend Wiig Hansen zeigt vier Muskelprotze, die aufs Wattenmeer hinaus schauen – ein Sinnbild für den reinen, unverdorbenen Menschen in der Begegnung mit der Natur.

Otto Frellos phantastische Wandgestaltungen in Varde
Otto Frellos phantastische Wandgestaltungen in Varde

Nächste Station ist Varde, die Einkaufsstadt für die beliebten Strandorte Blåvand und Vejers Strand. Im Zentrum hat der Künstler Otto Frello seine phantastischen Bildwelten auf einigen Häuserwänden hinterlassen. Im Museum Frello (https://vardemuseerne.dk/museum/museum-frello/) werden zahlreiche Gemälde, Zeichnungen und Comics des in der Nähe geborenen Künstlers präsentiert.

In Dänemark findet Ihr auf vielen öffentlichen Straßen und Plätzen Kunstwerke, die Ihr einfach so im Vorbeispazieren anschauen könnt. Die kleinen Orte Tarm und Skjern haben regelrechte Kunstrouten zu bieten, die nicht nur Gefälliges präsentieren. Die „Tauchende Dame“, deren entblößtes Hinterteil aus einem Brunnen in Tarm ragt, sorgte für manchen Disput.

Die Zeit der Wikinger kennen lernen
Die Zeit der Wikinger kennen lernen

Der Ringkøbing Fjord war vor etwa 1000 Jahren eine offene Bucht an der Nordsee und diente den Wikingern als Rückzugsort. In Bork Havn könnt Ihr in der nachgebauten Wikingersiedlung Bork Vikingehavn der Kultur der Wikinger als Seefahrer, Händler und Räuber nachspüren. Zwar wurde der beliebte Wikingermarkt in diesem Sommer abgesagt, aber die in Wikingeroutfit gewandeten Freiwilligen werden das Museum auch in diesem Jahr beleben und den historisch getreuen Tätigkeiten der Wikinger nachgehen. (www.levendehistorie.dk)

 

Pedersen-Alfelts-Museum in Herning
Pedersen-Alfelts-Museum in Herning

Der Birk Centerpark im Osten der 45.000-Einwohner-Stadt Herning ist mit seinem Gesamtpaket aus Architektur, Kunst und Museen von Weltformat unbedingt einen Stopp wert. Neben einer Hemdenfabrik entstand seit den 1960er-Jahren ein einzigartiges Bildungs- und Kunstzentrum.

Hinter der farbenfrohen Außenhaut des Carl-Henning Pedersen & Else Alfelts Museum verbergen sich Gemälde, Mosaiken und Keramik des dänischen Künstlerpaars Carl-Henning Pedersen und Else Alfelt, die zur Gruppe CoBrA gehörten (www.chpeamuseum.dk ).

 

Dänische und internationale Konzept- und Experimentalkunst seit 1930 sammelt und zeigt das HEART Herning Museum of Contemporary Art. Zu den Künstlern gehören Paul Gadegaard, Per Kirkeby, Ingvar Cronhammar, Joseph Beuys, Mario Merz und andere. Das moderne, weiße Museumsgebäude von Architekt Steven Holl erinnert es an übereinandergelegte Hemdsärmel – ein Tribut an den Textilunternehmer und Mäzen Aage Damgaard, der das Fundament für die HEART-Sammlung legte.

Richtig spektakulär ist die Riesenskulptur „Elia“ (Bild unten) von Ingvar Cronhammar, die den Abschluss der Kunstmeile bildet. Die elf Meter hohe, halbkugelförmige Stahlkuppel von „Elia“ misst am Boden 60 m im Durchmesser und ist über vier Treppenaufgänge frei begehbar. Sie wird von vier 32 m hohen Türmen überragt. Im hohlen Inneren versteckt sich ein Gasbrenner, der nach dem Zufallsprinzip einmal in 19 Tagen für 25 Sekunden eine über 8 m hohe Gasflamme erzeugt. (www.elia.dk)

"Die Bürger von Holstebro" von Bjørn Nørgaard
"Die Bürger von Holstebro" von Bjørn Nørgaard

Als Kultur-Modellstadt macht Holstebro seit den 1960er-Jahren von sich reden. In wirklich wegweisender Breite ist in der 36.000-Einwohner-Stadt Kunst im öffentlichen Raum präsent und das Konzept, Kunst der Bevölkerung auf diese Weise nahe zu bringen, aufgegangen. Im Holstebro Kunstmuseum (www.holstebrokunstmuseum.dk) ist eine beachtliche Sammlung moderner Kunst zu sehen. In der Innenstadt begegnet man auf einem Skulpturenweg über 50 Kunstwerken. Am beliebtesten ist Alberto Giacomettis „Frau auf dem Karren“ vor dem Alten Rathaus. Die von den Einwohnern liebevoll Maren genannte Figur wird aus Sicherheitsgründen jeden Abend um 21 Uhr im Boden versenkt und morgens um 9 Uhr wieder hochgefahren. Zwölf Männer und Frauen aus Holstebro standen Modell für die Großskulptur „Die Bürger von Holstebro“, die Bjørn Nørgaard in Anlehnung an Auguste Rodins „Die Bürger von Calais“ schuf. Dick, dünn, gebeugt oder mit zwei Köpfen – die Bürger am Nørreport sind für den Künstler keine Heroen, sondern „Jünger unserer Zeit“. Ihre Nacktheit provozierte genauso kritische Reaktionen wie die „Wasserkunst“ von Helge Bertram in der Nørregade (der Volksmund nennt sie bissig „Klagemauer“). Das mit 36 Bronzeskulpturen größte Gesamtwerk des Skulpturenwegs ist „Der Traum des Tabakarbeiters“ von Hans Krull (Dänemark), Dimitri Kaminker (Russland) und Leonid Kolibaba (Ukraine) auf den Dächern des Hotel Royal und des Theaters (Vorstellungen im Theater erst wieder ab Herbst).

Strand soweit das Auge schaut
Strand soweit das Auge schaut

Strand, Natur und Kultur

Ab 15. Juni dürfen deutsche Urlauber wieder nach Dänemark reisen. Voraussetzung ist, dass sie eine Buchungsbestätigung für mindestens sechs Nächte (auch in wechselnden Unterkünften) vorzeigen können. Einwohner Schleswig-Holsteins dürfen jederzeit wieder über die Grenze pendeln.

Wer (besonders in diesen Corona-Zeiten) breite, menschenleere Sandstrände sucht, der wird auf den dänischen Nordseeinseln und an der Nordseeküste zwischen Blåvand und Skagen fündig. Lange Spaziergänge mit tosender Brandung, Sonnenbaden in den Dünen oder aber actionreicher Sport von (Wind-)Surfen bis Strandsegeln – alles ist hier möglich. Dänemarks Strände haben hervorragende Wasserqualität (mit ganz wenigen Ausnahmen) und sie sind ohne Strandgebühr zugänglich. In den breiten Dünenstreifen findet man gemütliche und meist völlig allein liegende Ferienhäuser sowie schöne Campingplätze. Die herrliche Natur hinter dem Strand lässt sich auf gut markierten Wander- und Fahrradwegen ebenso erkunden wie auf dem Pferderücken.

Ich hoffe, ich konnte Euch Lust machen auf einen Urlaub an der über 500 km langen dänischen Nordseeküste. Strand, Natur und Kultur lassen sich hier auf wunderbare Weise verbinden, denn nahezu in allen Regionen findet Ihr nach einer kurzen Landpartie (auch mit dem Rad) nette Kunsthandwerker-Läden und kleine Galerien oder größere Kultureinrichtungen in den Städten.

Alle Infos in meinem neuen Dänemark-Reiseführer

Die Kultur bildet einen wichtigen Schwerpunkt in meinem brandneuen Reiseführer Dänemark Nordseeküste (Michael Müller Verlag). Darin erfahrt Ihr natürlich auch alles andere Wissenswerte über das Reisegebiet wie Sightseeing-Tipps, Infos zu Übernachten, Essen & Trinken, Aktivitäten und interessante Hintergründe über Land und Leute. Das Buch bietet zahlreiche Wander- und Rad-Touren (GPS-Tracks zum Herunterladen) sowie umfangreiches Kartenmaterial. Blick ins Buch

Aktuelles

Auch in diesem besonderen Urlaubssommer 2020 ist Dänemark ein lohnendes und mit Blick auf die relativ geringen Corona-Infektionszahlen ein sicheres Ziel. Die meisten Museen und Sehenswürdigkeiten sind wieder geöffnet. Auch der beliebte Legoland Freizeitpark erwartet wieder seine Gäste (Eintrittskarten müssen vorab gebucht werden). Großveranstaltungen finden z. Zt. wegen der Corona-Pandemie nicht statt. Einschränkungen kann es bei Stadtführungen, in Schwimmbädern und bei Sportangeboten geben. Es gelten die Abstands- und Hygieneregeln. Eine Maskenpflicht gibt es in Dänemark nicht. Aktuelle Informationen zu Einreise und Covid 19 auf der Seite des Dänischen Außenministeriums